BERLIN—Über 155.000 Stimmen fordern, den Handel und die Privathaltung von Wildtieren als Heimtiere strenger zu regulieren, mithilfe einer Positivliste für Heimtiere, einer Tierbörsenverordnung und einer strengen Regulierung des Online-Handels. Diese Unterschriften haben heute sieben Tierschutzorganisationen an die Bundestagsabgeordneten Anke Hennig (SPD), Dr. Zoe Mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Ina Latendorf (Die LINKE) sowie die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung Ariane Kari übergeben. Vor einer eindrucksvollen Kulisse echter Tiertransportkisten zeigten AAP, Deutscher Tierschutzbund, IFAW, PETA Deutschland, Pro Wildlife, Humane Society International (HSI) und VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz die Dringlichkeit einer bundeseinheitlichen Regelung zur Privathaltung und zum Handel mit exotischen Heimtieren auf.
„Die überwältigende Unterstützung macht klar: Die Leute drängen auf ein Ende des bisherigen Gesetzes-Flickenteppichs, durch den exotische Tiere als Heimtiere leiden müssen. Die beste Lösung hierfür ist eine bundeseinheitliche, effiziente Regelung in Form einer Positivliste“, kommentiert David van Gennep, Geschäftsführer von AAP. „Der aktuelle Referentenentwurf des neuen Tierschutzgesetzes lässt stark zu wünschen übrig. Es herrscht großer Nachbesserungsbedarf, wenn Tierschutz mehr als eine leere Floskel sein soll. Das ist für die Politik die Gelegenheit, Worten Taten folgen zu lassen.“ In einer gemeinsamen Stellungnahme mit weiteren Tier- und Artenschutzorganisationen[1] werden die Verankerung einer Positivliste für Heimtiere, einer Tierbörsenverordnung und einer Regulierung des Online-Handels gefordert.
„Innerhalb von Europa haben bereits zehn Staaten Positivlisten für bestimmte Tiergruppen eingeführt bzw. erarbeitet. Deutschland muss sich seiner Verantwortung als einer der Hauptabsatzmärkte weltweit stellen und den Handel und die Privathaltung von Wildtieren endlich regulieren. Die Einführung eine Positivliste in Deutschland ist das richtige und adäquate Mittel und setzt ein wichtiges Signal für den Tier- und Artenschutz nicht nur in Europa sonders auch weltweit.” sagt Sylvie Kremerskothen Gleason, Landesdirektorin für HSI/Europe in Deutschland
Exotische Heimtiere: Vielfältige Gefahren für Mensch und Tier
In Deutschland gibt es bisher keine bundeseinheitlichen Regelungen für exotische Heimtiere. So ist gegenwärtig der Großteil des Handels und der Privathaltung völlig legal. Jedes Jahr werden hierzulande mindestens 2.000 exotische Tierarten und über 100.000 Individuen vom Serval bis zum Katta gehandelt[2]. Dabei sind exotische Tiere in aller Regel nicht als Heimtiere geeignet. Zu komplex sind die Ansprüche an ihre Haltung, ihre sozialen Interaktionen, ihre Ernährung und ihre tierärztliche Versorgung. Selbst wohlwollende Halter:innen können schnell überfordert werden. In der Regel fristen die Tiere daher ein erbärmliches Dasein bis sie sterben, entlaufen oder ausgesetzt werden. Doch nicht nur die Tiere selbst, sondern auch die öffentliche Sicherheit, die Gesundheit und die heimische Artenvielfalt leiden unter Handel und Haltung exotischer Heimtiere. Trotz dieser Probleme ist der Handel kaum reguliert. Auf Tierbörsen oder Online lassen sich selbst geschützte Arten problemlos kaufen. Viele Tiere werden direkt aus der Natur gefangen und verkauft. In einer repräsentativen Umfrage[3] im Jahr 2023 gaben 90% der Befragten an, dass die Haltung von Wildtieren in Deutschland strenger geregelt werden musse. 81% fordern ein Haltungsverbot für Exoten.
Positivliste schützt Biodiversität und gibt Tierleid keine Chance
Um diesen Missständen zu begegnen, bietet die Positivliste eine effektive, präventive und nachhaltige Lösung. Als Ergebnis eines transparenten, wissenschaftsbasierten Prozesses legt dieses Instrument fest, welche Tierarten für Handel und Privathaltung geeignet sind. Anders als andere Instrumente kommt die Positivliste Gefahren zuvor, bevor sie überhaupt entstehen. Dass die Positivliste umsetzbar ist und funktioniert, illustriert ihr Erfolg in anderen Ländern. Zehn europäische Staaten haben sie für bestimmte Tiergruppen bereits beschlossen bzw. erarbeitet. Auch juristische Bedenken können ausgeräumt werden: Ein Rechtsgutachten[4] zeigt deutlich, dass eine Positivliste nach deutschem sowie europäischen Recht zulässig ist und aufgrund des Vorsorgeprinzips sowie des Staatsziels Tierschutz in Art. 20a des Grundgesetztes auch geboten ist.
Die Positivliste ist die pragmatische Lösung für eine Vielzahl von Problemen. Jetzt ist die Chance, sie auch umzusetzen. Denn über 155.000 Unterschriften beweisen erneut, dass die Politik bei Tierleid im Wohnzimmer nicht mehr wegschauen darf.
Hintergrundinformationen:
- Gemeinsame Stellungnahme TierSchG
- Rechtsgutachten von 2022
- Umfrage zur Wildtierhaltung in Deutschland
- WYLD-Kampagne[5]
Medienkontakt: Eva-Maria Heinen, Communications & PR Managerin, presse@hsi-europe.org; Tel: 0160 94491788
Bildunterschrift: Petitionsübergabe an Anke Hennig (SPD), Dr. Zoe Mayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Ina Latendorf (Die LINKE)
[1] https://www.dnr.de/publikationen/novellierung-des-tierschutzgesetzes-stellungnahme-zum-wildtierschutz
[2] https://www.bfn.de/sites/default/files/BfN/service/Dokumente/skripten/skript_545.pdf
[3] https://www.prowildlife.de/wp-content/uploads/2023/06/zusammenfassung-online-umfrage-zu-exotischen-haustiere-von-norstat-final.pdf
[4] https://www.prowildlife.de/wp-content/uploads/2022/10/rechtsgutachten-positivliste-dtl.pdf
[5] https://de.aap.eu/news/wyld-wildtier-shop-eroeffnung-geplatzt/