HSI Bericht: Deutschland importiert die meisten Jagdtrophäen geschützter Arten in der EU

Jährlich hunderte Trophäen geschützter Tierarten, darunter Afrikanische Löwen, Afrikanische Elefanten, Leoparden und viele andere Arten.

Humane Society International


Cathy Smith

BERLIN—Ein neuer Bericht legt offen, dass die Europäische Union nach den Vereinigten Staaten der weltweit zweitgrößte Importeur von Jagdtrophäen ist, wobei Deutschland mit fast 4.000 Importen der größte Importeur in der EU und sogar der zweitgrößte weltweit ist. Der von Humane Society International (HSI)/Europe zum sechsten Jahrestag der Tötung des Löwen Cecil in Simbabwe herausgegebene Report”Trophäenjagd in Zahlen. Die Bedeutung der EU bei der Trophäenjagd im globalen Kontext” zeigt auf Grundlage verfügbarer offizieller Daten, dass die EU zwischen 2014 und 2018 fast 15.000 Jagdtrophäen von 73 international geschützten Tierarten importiert haben. Das entspricht einem Durchschnitt von fast 3.000 Trophäen pro Jahr, darunter Afrikanische Löwen, Afrikanische Elefanten und vom Aussterben bedrohte Spitzmaulnashörner. Auch Zebras, Geparden, das potenziell bedrohte Argali-Schaf und als gefährdet eingestufte Eisbären wurden eingeführt. Auf Deutschland, Spanien und Dänemark entfallen 52 Prozent aller importierten Trophäen. In dem analysierten Fünfjahreszeitraum importierte die EU Trophäen von 889 Afrikanischen Löwen, darunter 229 wilde Löwen wie Cecil. Deutschland war der zweitgrößte EU-Importeur von afrikanischen Löwentrophäen und importierte im Datenzeitraum 107 Trophäen, von denen 45 wilde Löwen wie Cecil waren. Kein anderes Land in der EU importierte mehr Trophäen von wilden Löwen.

Während des Fünfjahreszeitraums importierte Deutschland 3.959 Jagdtrophäen von 54 CITES-gelisteten Säugetierarten. Deutschland ist in der EU der größte Trophäenimporteur von Afrikanischen Elefanten und führte zwischen 2014 und 2018 insgesamt 192 Trophäen ein, darunter auch den stark gefährdeten Afrikanischen Savannenelefanten. Darüber hinaus ist das Land der größte Importeur von Trophäen des Hartmann-Bergzebras (47 Prozent der EU-Importe dieser Art), das in der Roten Liste der IUCN als gefährdet gelistet ist. Darüber hinaus ist die Bundesrepublik der zweitgrößte EU-Importeur von Trophäen des Afrikanischen Leoparden, der größte Importeur des vom Aussterben bedrohten Spitzmaulnashorns, der zweitgrößte Importeur von Braunbär-Trophäen (größtenteils aus Russland), der größte Importeur von Grauwolf-Trophäen und einer der größten Trophäen-Importeure von Afrikanischen Löwen in Europa.

Deutschland importierte auch eine Reihe von Arten, deren Populationsgröße laut der Roten Liste der IUCN bedenklich ist, darunter 15 Trophäen von Oryxantilopen, einer in freier Wildbahn ausgestorbenen und in Gefangenschaft gezüchteten Antilopenart. Aus der Kategorie „stark gefährdet“ weiterhin 43 Wasserbüffel, elf Westkaukasische Steinböcke und zwei Schweinshirsche; zudem 121 gefährdete Flusspferde und 51 gefährdete Geparden.

HSIs umfassende Analyse der Handelsdaten des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten freilebenden Tieren und Pflanzen (CITES) zeigt, dass durchschnittlich 2.982 Trophäen pro Jahr in die EU importiert wurden, das sind mehr als acht Trophäen pro Tag. Die Zahl der Trophäenimporte ist zwischen 2014 und 2018 kontinuierlich um fast 40 Prozent gestiegen, obwohl aktuelle Meinungsumfragen zeigen, dass die große Mehrheit der befragten EU-Bürger (über 80 Prozent) die Trophäenjagd ablehnt und die Trophäenimporte beenden möchte. In Deutschland sprechen sich sogar neun von zehn Bürgern (89 Prozent) gegen den Import von Jagdtrophäen aus.

Die EU-Trophäenimportstatistik für einzelne Arten (2014-2018) umfasst unter anderem:

Art Importe in die EU davon Importe nach

Deutschland

Hartmanns Bergzebra 3.119 1.464
Bärenpavian 1.751 821
Amerikanischer Schwarzbär 1.415 243
Braunbär 1.056 137
Afrikanischer Elefant 952 192 (größter Importeur in der EU)
Afrikanischer Löwe 889 107 (davon 62 in Gefangenschaft gezüchtete Löwen und größter Importeur von wilden Löwen)
Afrikanischer Leopard 839 149
Flusspferd 794 121
Karakal 480 88
Rotes Lechwe 415 54
Gepard 297 (größter Importeur weltweit!) 51
Eisbär 65 6
Spitzmaulnashorn 6 2

Deutschland, Spanien, Dänemark, Österreich, Schweden, Frankreich, Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei sind die wichtigsten Trophäenimporteure der EU, während Namibia, Südafrika, Kanada, Russland, Argentinien, Kirgisistan und die USA die wichtigsten Exportländer der EU sind. Spanien, Polen, Ungarn, Deutschland und die Tschechische Republik sind die Top-Importeure von Löwentrophäen aus Gefangenschaft.

Sylvie Kremerskothen Gleason, Country Director Deutschland, HSI/Europe, sagt: “Trophäenjäger aus der EU töten für ihren persönlichen „Kick“ viele tausend Wildtiere auf der ganzen Welt, darunter auch gefährdete oder bedrohte Arten, wobei Deutschland das Hauptziel für Jagdtrophäen in der EU ist. Abgesehen von der Grausamkeit, die die Jagd bedeutet, ist es angesichts der weltweiten Biodiversitätskrise unverantwortlich, reichen Eliten zu erlauben, gefährdete Arten aus reinem Vergnügen zu töten. Wir fordern die Bundesregierung auf, ein Importverbot für Jagdtrophäen zu erlassen, um Wildtiere zu schützen und diese nicht nachhaltige Praxis endgültig zu beenden.”

Trophäenjagd hat wenig mit Naturschutz oder der Unterstützung lokaler Gemeinschaften zu tun. Jäger zahlen enorme Geldsummen, um die stärksten und beeindruckendsten Tiere zu erlegen – zur Befriedigung, zur Zurschaustellung und zur Angeberei. Sie tragen ihre Leistungen in Rekordbücher ein, die von Trophäenjagd-Mitgliedsorganisationen wie Safari Club International geführt werden, die Punkte für das Erlegen der größten Tiere vergeben. Studien zeigen, dass typischerweise nur drei Prozent des Geldes aus der Trophäenjagd jemals die lokalen Gemeinden erreicht. Der Ökotourismus zur Beobachtung von Wildtieren generiert weitaus mehr Einkommen und Jobs, um den Naturschutz und lokale Arbeitsplätze zu unterstützen.

Audrey Delsink von HSI/Afrika sagt: “Das Töten der größten oder stärksten Tiere, welche eine wichtige ökologische Rolle für die genetische Vielfalt und Widerstandsfähigkeit der Population spielen, gefährdet den Artenschutz, stört die sozialen Herdenstrukturen und schwächt die Genpools von Wildpopulationen, die ohnehin einer Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt sind. Angesichts dessen ist das “Naturschutz”-Argument der Befürworter eine Farce. Da so viel auf dem Spiel steht und die große Mehrheit der EU-Bürger gegen das Töten ist, ist es an der Zeit, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Einfuhr von Trophäen verbieten.”

Einige europäische Länder haben Maßnahmen ergriffen, um den Import von Jagdtrophäen einzuschränken. Zusätzlich zu Frankreichs Verbot von Löwentrophäenimporten im Jahr 2015 haben die Niederlande 2016 Trophäenimporte von über 200 Arten verboten. Im Februar 2021 äußerte der britische Premierminister die Absicht seiner Regierung, den Import von Trophäen zu beenden, und im März dieses Jahres legte das finnische Parlament einen Antrag für ein Trophäenimportverbot vor. HSI/Europe ist überzeugt, dass der vorgelegte Bericht über das schockierende Ausmaß, in dem EU-Länder die globale Trophäenjagdindustrie ermöglichen, so schnell wie möglich zu umfassenden Verboten in den Mitgliedsstaaten führen sollte.

MEDIENEINLADUNG
Am 30. Juni lädt HSI/Europe zu dem Webinar “Trophy Hunting: Conservation tool, or a threat to wildlife?” in Zusammenarbeit mit MEPs for Wildlife und anderen NGOs ein. Gastgeberin ist Manuela Ripa MdEP (Grüne/EFA, Deutschland). Gäste sind die HSI/Africa Elefantenexpertin Dr. Audrey Delsink, WildlifeDirect CEO Dr. Paula Kahumbu, Umweltanwalt Lenin Tinashe Chisaira, Jorge Rodriguez von der GD Umwelt und Dr. David Scallan von der European Federation for Hunting and Conservation.

Das Webinar wird der Frage nachgehen, ob die Trophäenjagd eine unhaltbare Bedrohung für gefährdete Arten darstellt oder, wie von ihren Vertretern behauptet, einen Beitrag zum Schutz der Wildtiere und der lokalen Bevölkerung leistet. Registrieren Sie sich für die Teilnahme: https://www.eventbrite.co.uk/e/trophy-hunting-conservation-tool-or-a-threat-to-wildlife-tickets-155634080725

Bilder für den kostenfreien Abdruck im Zusammenhang mit dieser Meldung finden Sie in unserem Newsroom.

Landesbüro Deutschland
Sylvie Kremerskothen Gleason
Country Director, HSI Europe
sgleason@hsi.org

Pressekontakt
Adeline Fischer
Communications Manager Europe – #NotInMyWorld – Campaign against trophy hunting afischer@hsi.org
mobil +49 17631063219

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