G7-Gipfel: Deutschland soll globales Ende der Pelztierzucht zum Schutz vor Pandemien unterstützen

Humane Society International


BERLIN—Im Vorfeld des G7-Treffens in diesem Monat werden Regierungen auf der ganzen Welt aufgefordert, ein dauerhaftes, globales Ende der Pelztierzucht zu vereinbaren, um zukünftige Pandemien wie SARS-CoV-2 zu verhindern. In Deutschland hat die Tierschutzorganisation Humane Society International (HSI) einen inhaltlich von 67 Virologen, Tierärzten und Experten für Infektionskrankheiten und Tiergesundheit unterstützten Brief an Gesundheitsminister Spahn und Außenminister Maas geschrieben. Der Virologe Christian Drosten äußerte sich erst vor wenigen Tagen dazu, und auch er hält Pelztierfarmen für die plausibelste Antwort für die Herkunft von SARS-CoV-2.

HSI legte zugleich ein umfassendes Weißbuch über Pelztierfarmen und zoonotische Krankheiten vor, das zum Schutz öffentlicher und menschlicher Gesundheit ein weltweites Verbot von Pelztierfarmen fordert. HSI hat in Australien, Kanada, Indien, Italien, Südafrika, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten ebenfalls an die jeweiligen Regierungen appelliert. Der globale Aufruf von HSI an die Staats- und Regierungschefs erfolgt vor dem Hintergrund von mehr als 400 Ausbrüchen von SARS-CoV-2 auf Nerz-Pelzfarmen in den Niederlanden, Dänemark, Polen, Litauen, Griechenland, Spanien, Schweden, Frankreich, Italien, Lettland, den Vereinigten Staaten und Kanada, wobei der jüngste bekannte Ausbruch in Kanada im vergangenen Monat stattfand.

Einige Regierungen, wie z.B. der Niederlande und Ungarn, haben entschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Pelztierzucht in ihren Ländern zu stoppen, und 13 Länder weltweit haben die Pelztierzucht komplett verboten. Doch weiterhin werden viele Millionen Nerze, Füchse und Marderhunde – alles Arten, die für COVID-19 empfänglich sind – in Pelzfabriken in Europa, China, Russland und Nordamerika intensiv gezüchtet. In Deutschland wurde die Pelztierzucht 2019 eingestellt, da die Einführung strengerer Tierschutzbestimmungen, wie z. B. größere Käfige und Schwimmbassins für Nerze, die Branche zu teuer und unrentabel machte.

Sylvie Kremerskothen Gleason, Country Director von Humane Society International in Deutschland, sagt: “Die Wissenschaft zeigt, dass Pelzfabriken nicht nur Millionen von Nerzen, Füchsen, Marderhunden und anderen pelztragenden Tieren physisches und psychisches Leid zufügen, sondern auch ein sehr reales Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen. Die Möglichkeit der Ausbreitung von Zoonosen und insbesondere die Tatsache, dass Nerzfarmen als Reservoir für Coronaviren fungieren, ist ein weiterer zwingender Grund für die Welt, die Pelzindustrie für immer zu schließen. Die Ausbeutung wildlebender Arten in unhygienischen, überfüllten und tierquälerischen Pelzfarmen, nur um Pelzmode zu produzieren, die niemand braucht, kann nicht toleriert werden. Wir können nicht länger ignorieren, dass Pelzfarmen eine perfekte Keimzelle für Pandemien sind. Deutschland muss beim G7-Gipfel erneut eine Vorreiterrolle einnehmen, indem es andere Nationen auffordert, die Pelztierhaltung zu beenden.”

Forschungen in den Niederlanden, bei denen die Sequenzierung des gesamten Genoms eingesetzt wurde, haben ergeben, dass mindestens 66 Personen, die auf Nerz-Pelzfarmen arbeiteten, mit SARS-CoV-2 infiziert wurden – ein seltener, aber besorgniserregender Fall von Krankheitsübertragung vom Tier auf den Menschen. Dänische Forschungen haben außerdem gezeigt, dass eine Infektion bei Nerzen zu Mutationen der Spike-Proteine führen kann, die, wenn sie auf Menschen übertragen werden, möglicherweise die Wirksamkeit lebenswichtiger Impfstoffe untergraben könnten. Im Januar 2021 gaben die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und die Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) eine Risikobewertung heraus, die besagt, dass das Risiko für die öffentliche Gesundheit durch die Übertragung von SARS-CoV-2 von Pelztierfarmen auf Menschen in Europa “hoch” ist.

In dem Schreiben der 67 Experten heißt es: “Es ist eindeutig, dass Pelzfarmen das Potenzial haben, als Reservoir für SARS-CoV-2 zu fungieren. Zudem sind die für Pelzfarmen typischen intensiven Zuchtbedingungen – unnatürlich eng zusammengepferchte Tiere, schlechte Hygiene, Stress, Verletzungen und geringe genetische Vielfalt – ideal für die Entstehung und Verbreitung neuer Krankheitserreger. Schwerwiegende Tierschutzmängel sind der industriellen Pelztierhaltung inhärent, und der Handel schafft die Möglichkeit, dass die zigmillionen Tiere auf Pelzfarmen als unmittelbare, Zwischen- oder Verstärkerwirte für virale Krankheitserreger fungieren. Es wäre daher leichtsinnig, unsere Fähigkeit zur Kontrolle und Beendigung dieser oder zukünftiger globaler Coronavirus-Pandemien, um der Pelzmodeproduktion willen zu gefährden. Wir unterstützen daher die Forderung von Humane Society International (HSI) nach einem dauerhaften weltweiten Ende der Zucht, Haltung und Tötung von Tieren zum Zweck der Pelzproduktion und des Verkaufs von Pelzen.”

Filmmaterial, das auf Pelzfarmen in Ländern auf der ganzen Welt aufgenommen wurde, zeigt immer wieder Beweise für schlechte Tierschutzbedingungen. Die Zertifizierungssysteme der Pelzindustrie verbessern weder das Wohlergehen der Tiere, noch gehen sie zufriedenstellend auf mögliche Krankheitsrisiken ein.

Der vollständige Brief kann hier nachgelesen werden.
Das White Paper von HSI finden Sie hier.

Fakten:

  • Seit April 2020 wurden Ausbrüche von COVID-19 auf 427 Nerz-Pelzfarmen in 12 verschiedenen Ländern in Europa und Nordamerika dokumentiert, darunter Kanada (3 Farmen), Dänemark (290 Farmen), Frankreich (1 Farm), Griechenland (23 Farmen), Italien (2 Farmen), Lettland (1 Farm), Litauen (4 Farmen), Niederlande (69 Farmen), Polen (1 Farm), Spanien (4 Farmen), Schweden (13 Farmen) und die Vereinigten Staaten (16 Farmen).
  • Mehr als 100 Millionen Tiere werden jedes Jahr weltweit für ihren Pelz getötet, darunter Nerze, Füchse, Marderhunde, Chinchillas und Kaninchen – das entspricht drei Tieren, die jede Sekunde sterben, nur wegen ihres Pelzes.
  • In Deutschland ist die Pelztierzucht seit 2019 ausgelaufen, in Großbritannien, Österreich, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Tschechien, Kroatien, Mazedonien, den Niederlanden, Norwegen, Luxemburg, Serbien, der Slowakei und Slowenien ist sie verboten bzw. befindet sich im Prozess der Abschaffung. Zuletzt hat die Regierung in Ungarn ein Verbot der Zucht von Tieren zur Pelzgewinnung ausgesprochen, darunter Nerze und Füchse. In Frankreich durchläuft ein Verbot der Nerzfellzucht derzeit das Parlament, und die irische Regierung hat sich verpflichtet, im Jahr 2021 ein entsprechendes Gesetz vorzulegen.
  • Bulgarien, Estland, Litauen, Montenegro und die Ukraine erwägen derzeit ebenfalls ein Verbot der Pelztierzucht, und in Finnland hat die Mehrheitspartei der Regierungskoalition kürzlich ihre Unterstützung für ein Verbot von Pelzfarmen angekündigt.
  • In den Vereinigten Staaten war Kalifornien der erste US-Bundesstaat, der 2019 den Verkauf von Pelzen verbietet, nachdem ähnliche Verbote in Städten wie Los Angeles, San Francisco, Berkeley und West Hollywood erlassen wurden. Auch die Städte Weston und Wellesley in Massachusetts haben kürzlich den Pelzverkauf verboten, und weitere US-Städte und -Bundesstaaten wollen in Zukunft nachziehen.

Kontakt: Sylvie Kremerskothen Gleason, country director, HSI Europe, sgleason@hsi.org

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